Die neuen Hochspannungsleitungen: angeblich notwendig für die Energiewende. 40 Meter breite Trassen durch die Natur sorgen für Widerstand. Doch werden die Leitungen überhaupt gebraucht?
Sie gelten als „Hauptschlagadern“ der Energiewende in Deutschland: die künftigen Hochspannungstrassen Suedlink, Südostlink und Korridor A. Als mächtige Erdkabel geplant, sollen sie ab 2025 „grünen“ Windstrom aus dem Norden nach Süddeutschland leiten.
Doch das Projekt ist höchst umstritten. Während Politik und Netzbetreiber für die Trassen werben, sprechen Kritiker von einer „Trassenlüge“ und einer Überdimensionierung. Gleich fünf Bundesländer und Millionen Bürger sind von den neuartigen Hochspannungs-Gleichstromleitungen betroffen. Wälder werden abgeholzt, Flurgrundstücke zerteilt, womöglich müssen sogar Siedlungen weichen. Denn 40 Meter und mehr soll eine einzige Stromautobahn breit sein. Die Argumentation der Politik: Ohne dieses Projekt sei die Energiewende nicht zu schaffen. Der industriereiche Süden brauche den Strom aus dem Norden, denn bis 2022 sollen alle Atomkraftwerke in Deutschland abgeschaltet sein. Doch die Kritiker, darunter namhafte Experten wie Prof. Claudia Kemfert (DIW), bemängeln, dass die Trassen um ein Drittel überdimensioniert seien und für den Transport von „schmutzigem Braunkohlestrom“ nach Süddeutschland genutzt würden.
Wie ist der aktuelle Stand bei dem Mammut-Projekt? Die Dokumentation zeigt Bauarbeiten in Norwegen und in Wilster/Schleswig-Holstein: Dort entsteht die „Nordlink“-Verbindung, die überschüssigen Windstrom nach Norwegen schicken soll. Im Gegenzug fließt bei Bedarf norwegischer Strom aus Wasserkraft nach Deutschland und künftig über Suedlink durch ganz Europa. Die Vorbereitungen für das Verlegen des Seekabels im Vollesfjord in Norwegen sind bereits angelaufen, große Konverter-Stationen sind im Bau.
Die exakte Trassenführung für die Gleichstromtrassen ist noch nicht final entschieden, die Genehmigungsverfahren laufen noch. In Adelheidsdorf bei Celle könnte die Suedlink-Trasse mitten durch das Dorf führen; die Bewohner machen mobil gegen die Pläne, treffen auf den Bürgerberater des Netzbetreibers TenneT. Landwirte befürchten ein Austrocknen der Böden durch eine starke Erwärmung der Erdkabel und Gesundheitsgefahren für den Menschen durch Magnetfelder. Ob diese Befürchtungen begründet sind, erläutert Prof. Ingo Sass von der TU Darmstadt, der in einem Erdkabelmessfeld die Auswirkungen auf die Böden prüft.
Die Gegner der Hochspannungstrassen stellen die Sinnhaftigkeit des Gesamtprojektes in Frage, doch Jochen Homann, Chef der Bundesnetzagentur, verteidigt die Pläne. Ein Gegenmodell zu den zentralen Mega-Stromachsen ist im Dorf Feldheim in Brandenburg zu erleben: Der Stromanbieter wollte ihnen das Netz nicht verkaufen, also bauten die Bürger ihr eigenes. Die Bewohner leben hier energieautark – und zahlen für ihren Strom viel weniger als der Rest der Republik.
Die Autoren Patrick Zeilhofer und Volker Wasmuth fragen in „planet e.“ nach: Wie sinnvoll ist die Hauptschlagader der Energiewende? Sind die neuen Trassen zu teuer und gesundheitsgefährdend? Handelt es sich womöglich um eine Mogelpackung der Energiewende, weil die neuen Stromleitungen ausgerechnet „schmutzigen“ Kohlestrom transportieren? Gerät die Energiewende durch Zeitverzögerungen weiter ins Stocken? Sind die Megatrassen ein Irrweg?
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